Für Sie zusammengefasst

Der Erbgang

1. Eröffnung

Der Erb­gang wird durch den Tod des Erb­las­sers eröff­net. In die­sem Augen­blick geht sein gesam­ter Nach­lass auto­ma­tisch und ohne deren Dazu­tun auf die Erben über, sog. Uni­ver­sal­s­uk­zes­si­on. Der Nach­lass besteht aus den Akti­ven und den Pas­si­ven des Erb­las­sers. Die Erben wer­den mit dem Tod Eigen­tü­mer der Nach­lass­ak­ti­ven, haf­ten aber auch für die Schul­den des Erblassers.

Noch­mals ist an die­ser Stel­le her­vor­zu­he­ben, dass beim Tod eines ver­hei­ra­te­ten Erb­las­sers zur Bestim­mung des Nach­lass­ver­mö­gens zuerst eine güter­recht­li­che Aus­ein­an­der­set­zung erfol­gen muss.

Jeder Todes­fall ist dem Zivil­stands­amt anzu­zei­gen. Die zustän­di­ge Behör­de am letz­ten Wohn­ort des Erb­las­sers hat die zur Siche­rung des Erb­gan­ges nöti­gen Mass­re­geln (Sie­ge­lung, Inven­tar, Erb­schafts­ver­wal­tung, Erben­ruf) anzuordnen.

Jeder­mann, dem eine letzt­wil­li­ge Ver­fü­gung zur Auf­be­wah­rung über­ge­ben wor­den ist oder der nach dem Tod einer Per­son eine sol­che fin­det, ist ver­pflich­tet, die­se der zustän­di­gen Behör­de am letz­ten Wohn­sitz des Erb­las­sers ein­zu­rei­chen. Innert Monats­frist lädt die Behör­de alle bekann­ten Erben zur Eröff­nung die­ser Ver­fü­gung ein.

Die Erben haben einen Monat Zeit, seit­dem sie Kennt­nis vom Inhalt der Ver­fü­gung erhal­ten haben, gegen deren Gül­tig­keit oder gegen dar­in ein­ge­setz­te Erben Ein­spra­che zu erhe­ben. Erhebt kein Erbe Ein­spra­che, stellt die Behör­de auf Gesuch eines Erben eine Erben­be­schei­ni­gung aus, wel­che auf die gesetz­li­chen und allen­falls ein­ge­setz­ten Erben lau­tet. Mit einer Erben­be­schei­ni­gung kann der Erbe über die Erb­schaft ver­fü­gen. Bei erho­be­ner Ein­spra­che ist es der Behör­de unter­sagt, die Beschei­ni­gung aus­zu­stel­len. Der Erbe hat dies­falls sei­ne Rech­te mit der Erb­schafts­kla­ge zu verfolgen.

2. Möglichkeiten der Erbschaftsannahme und Sicherungsmassregeln

a) Vorbehaltlose Annahme

Die­se bil­det den Grund­satz. Die Erben über­neh­men sämt­li­che Akti­ven und Pas­si­ven des Erb­las­sers vor­be­halt­los. Soll­te es sich her­aus­stel­len, dass der Erb­las­ser über­schul­det ist, so haben sie die­se Schul­den zu bezahlen.

b) Ausschlagung der Erbschaft

Die gesetz­li­chen und die ein­ge­setz­ten Erben haben die Mög­lich­keit, die Erb­schaft, die ihnen zuge­fal­len ist, innert 3 Mona­ten seit Kennt­nis vom Tod des Erb­las­sers aus­zu­schla­gen. Ist die Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Erb­las­sers im Zeit­punkt sei­nes Todes amt­lich fest­ge­stellt oder offen­kun­dig, so wird die Aus­schla­gung vermutet.

Schla­gen sämt­li­che Erben die Erb­schaft aus, wird die­se amt­lich liqui­diert. Haben die Erben eines zah­lungs­un­fä­hi­gen Erb­las­sers die Erb­schaft aus­ge­schla­gen, haf­ten sie den Gläu­bi­gern des Ver­stor­be­nen gleich­wohl soweit, als sie vom Erb­las­ser inner­halb der letz­ten 5 Jah­re vor sei­nem Tode Ver­mö­gens­wer­te emp­fan­gen haben, die bei der Erb­tei­lung der Aus­glei­chung unter­wor­fen wären.

c) Annahme der Erbschaft unter öffentlichem Inventar

Sind die Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se im Zeit­punkt des Todes des Erb­las­sers der­mas­sen unüber­sicht­lich, dass nicht gesagt wer­den kann, ob über­haupt noch ein Über­schuss der Akti­ven vor­han­den ist, kann jeder Erbe ein öffent­li­ches Inven­tar über die Erb­schaft ver­lan­gen. Das Begeh­ren muss innert Monats­frist seit dem Tod des Erb­las­sers bei der zustän­di­gen Behör­de ange­bracht wer­den. Das Begeh­ren eines Erben gilt auch für alle anderen.

Durch die zustän­di­ge Behör­de erfolgt ein Rech­nungs­ruf, in wel­chem die Gläu­bi­ger und Schuld­ner des Erb­las­sers auf­ge­for­dert wer­den, bin­nen einer bestimm­ten Frist ihre For­de­run­gen und Schul­den anzu­mel­den. Nach Ablauf der Frist wird das Inven­tar geschlos­sen und die Betei­lig­ten erhal­ten die­ses für eine Zeit von min­de­stens einem Monat zur Einsicht.

Die Erben kön­nen dar­auf­hin erklä­ren, ob sie die Erb­schaft aus­schla­gen, die amt­li­che Liqui­da­ti­on der Erb­schaft ver­lan­gen oder die Erb­schaft unter öffent­li­chem Inven­tar oder vor­be­halt­los anneh­men wol­len. Neh­men sie die Erb­schaft “unter öffent­li­chem Inven­tar“ an, haf­ten sie ledig­lich für die im Inven­tar auf­ge­nom­me­nen Schulden.

d) Amtliche Liquidation

Jeder Erbe kann die amt­li­che Liqui­da­ti­on der Erb­schaft ver­lan­gen. Solan­ge jedoch ein Mit­er­be die Annah­me der Erb­schaft erklärt, kann sie nicht durch­ge­führt werden.

Die amt­li­che Liqui­da­ti­on wird durch die zustän­di­ge Behör­de durch­ge­führt. Die lau­fen­den Geschäf­te des Erb­las­sers wer­den zum Zwecke der Liqui­da­ti­on been­digt, sei­ne Ver­pflich­tun­gen erfüllt und sei­ne For­de­run­gen ein­ge­zo­gen. Danach wer­den die Akti­ven zu Geld gemacht. Der dar­aus resul­tie­ren­de Erlös wird zur Beglei­chung aner­kann­ter For­de­run­gen ein­ge­setzt. Ein all­fäl­li­ger Über­schuss geht an die Erben. Die Schul­den gehen nicht auf die Erben über.

3. Fortgesetzte Erbengemeinschaft

Beer­ben meh­re­re Erben den Erb­las­ser, so besteht unter ihnen, bis die Erb­schaft geteilt wird, eine Erben­ge­mein­schaft. Die Erben wer­den Gesamt­ei­gen­tü­mer des gesam­ten Nach­las­ses und kön­nen nur gemein­sam dar­über ver­fü­gen. Ander­seits haf­ten sie einem Gläu­bi­ger des Erb­las­sers auch soli­da­risch, d. h. jeder Erbe allein mit sei­nem gan­zen Vermögen.

Anstel­le einer Tei­lung kann eine sol­che Gemein­schaft beschlies­sen, sie wol­le den Nach­lass gesamt­haft über­neh­men und damit als Gemein­schaft wei­ter­be­stehen. Grund­sätz­lich hat aber jeder Erbe das Recht, jeder­zeit die Tei­lung der Erb­schaft zu verlangen.

Selbst­ver­ständ­lich hat ein Erbe auch das Recht, bei der zustän­di­gen Behör­de eine Siche­rungs­mass­nah­me gemäss (Sie­ge­lung, amt­li­che Inven­tar­auf­nah­me etc.) zu verlangen.

Wer­den Ver­wal­tungs­mass­nah­men drin­gend not­wen­dig und kön­nen sich die Erben weder auf einen gemein­sa­men Ver­tre­ter eini­gen noch zu einem gemein­sa­men Han­deln ent­schlies­sen, kann ein Erbe bei den zustän­di­gen Behör­den die Ein­set­zung eines Erben­ver­tre­ters bean­tra­gen. Die­ser kann sämt­li­che Hand­lun­gen vor­neh­men, die zur Wert­erhal­tung der Erb­schaft not­wen­dig sind.

4. Der Willensvollstrecker

In einer Ver­fü­gung von Todes wegen kann der Erb­las­ser einen Wil­lens­voll­strecker ein­set­zen. Die­ser hat sich bin­nen 14 Tagen über die Annah­me des Auf­tra­ges zu erklä­ren, wobei Still­schwei­gen als Annah­me gilt.

In erster Linie hat der Wil­lens­voll­strecker die Anord­nun­gen in der Ver­fü­gung von Todes wegen zu befol­gen. Im Übri­gen han­delt er wie ein amt­li­cher Erb­schafts­ver­wal­ter. Er kann beispielsweise:

  • den Nach­lass ver­wal­ten und vertreten
  • die Schul­den des Erb­las­sers bezahlen
  • Ver­mächt­nis­se ausrichten
  • im Rah­men sei­nes Auf­tra­ges über die Erb­schaft verfügen
  • die Erb­tei­lung vorbereiten

Für sei­ne Tätig­keit hat der Wil­lens­voll­strecker Anspruch auf eine ange­mes­se­ne Entschädigung.

Sind die Erben mit Anord­nun­gen bzw. Ver­fü­gun­gen des Wil­lens­voll­streckers nicht ein­ver­stan­den, kön­nen sie gegen die­se Beschwer­de füh­ren. Die Erben kön­ne auch gegen den Wil­len des Wil­lens­voll­streckers eine ande­re Tei­lung der Erb­schaft vereinbaren.

5. Die Erbteilung

Jeder Erbe kann jeder­zeit die Tei­lung der Erb­schaft ver­lan­gen. Ein all­fäl­li­ger Wil­lens­voll­strecker hat die­se nach den Anga­ben in der Ver­fü­gung von Todes wegen vorzubereiten.

Jeder Erbe hat das Recht zu ver­lan­gen, dass eine Tei­lung nach den Anord­nun­gen des Erb­las­sers in einer letzt­wil­li­gen Ver­fü­gung vor­ge­nom­men wird. Er kann dies mit der Tei­lungs­kla­ge sogar gericht­lich durch­set­zen. Die Anord­nun­gen des Erb­las­sers fin­den ihre Gren­zen da, wo sie den Pflicht­teil ent­spre­chend geschütz­ter Erben ver­let­zen. Den Erben bleibt es aber immer unbe­nom­men, sich im gegen­sei­ti­gen Ein­ver­ständ­nis frei über die Tei­lung der Erb­schaft zu einigen.

Exi­stie­ren in einer Ver­fü­gung von Todes wegen kei­ner­lei Anord­nun­gen bzgl. der Tei­lung einer Erb­schaft gilt nach Gesetz was folgt:

  • Jeder Erbe hat grund­sätz­lich den glei­chen Anspruch auf die Gegen­stän­de des Nachlasses.
  • Jeder Erbe kann ver­lan­gen, dass vor­gän­gig einer Tei­lung die Schul­den des Erb­las­sers getilgt oder zumin­dest sicher­ge­stellt werden.
  • Gegen­stän­de des Nach­las­ses, deren Wert durch eine Tei­lung wesent­lich gemin­dert wür­den (z. B. ein Grund­stück), sind sei­nem Erben unge­teilt zuzu­wei­sen. Kön­nen sich die Erben über die Zuwei­sung nicht eini­gen, sind sie zu ver­kau­fen oder zu versteigern.
  • Jeder Erbe kann ver­lan­gen, dass Nach­lass­ge­gen­stän­de, die ihrer Natur nach zusam­men­ge­hö­ren, nicht getrennt werden.
  • Der über­le­ben­de Ehe­gat­te des Erb­las­sers kann die Zuwei­sung der Woh­nung bzw. des Hau­ses, in dem die Ehe­gat­ten gewohnt haben, und des Haus­ra­tes an sich auf Anrech­nung an sei­nen Erb­teil verlangen.

Erb­vor­be­zü­ge, Zuwen­dun­gen für Aus­steu­ern, über das übli­che Mass hin­aus­ge­hen­de Aus­bil­dungs­ko­sten etc. haben sich die davon begün­stig­ten Erben nach fol­gen­den Grund­sät­zen an ihren Erb­teil anrech­nen zu las­sen (Aus­glei­chungs­pflicht):

  • Nach­kom­men müs­sen sich alles anrech­nen las­sen, was sie zu Leb­zei­ten vom Erb­las­ser erhal­ten haben, ins­be­son­de­re was ihnen die­ser als Hei­rats­gut, Aus­stat­tung oder durch Ver­mö­gens­ab­tre­tung, Schul­den­er­lass etc. zuge­wen­det hat, sofern der Erb­las­ser nicht aus­drück­lich das Gegen­teil ver­fügt hat.
  • Übri­ge gesetz­li­che Erben müs­sen nur die­je­ni­gen Ver­mö­gens­wer­te zur Aus­glei­chung brin­gen, die ihnen der Erb­las­ser mit der aus­drück­li­chen Bestim­mung zukom­men liess, es hand­le sich um einen Erb­vor­be­zug auf Anrech­nung des Erbteils.

Ein über die Tei­lung errich­te­ter Ver­trag (Erb­tei­lungs­ver­trag) muss in Schrift­form abge­fasst und von sämt­li­chen Erben unter­zeich­net werden.

6. Klagemöglichkeiten der Erben

a) Die Ungültigkeitsklage

Mit die­ser Kla­ge kann erreicht wer­den, dass ein Testa­ment oder ein Erb­ver­trag für ungül­tig erklärt wird. Dies kann nament­lich ver­langt wer­den, wenn:

  • Die Ver­fü­gung von Todes wegen den Form­vor­schrif­ten widerspricht.
  • Der Erb­las­ser zur Zeit der Errich­tung des Testa­ments oder bei Abschluss des Erb­ver­tra­ges urteils­un­fä­hig war oder unter Dro­hung oder Zwang stand.

Bei Gut­heis­sung einer Ungül­tig­keits­kla­ge tritt die gesetz­li­che Erb­fol­ge ein. Even­tu­ell wird auch ein frü­he­res Testa­ment wie­der gültig.

Die Kla­ge­frist beträgt ein Jahr. Sie beginnt vom Tag an zu lau­fen, wo der Erbe von der Ver­fü­gung und dem Ungül­tig­keits­grund Kennt­nis erhal­ten hat.

b) Die Herabsetzungsklage

Mit die­ser Kla­ge kann der Erbe gel­tend machen, sein Pflicht­teil sei ver­letzt wor­den ins­be­son­de­re durch:

  • Eine Über­schrei­tung der ver­füg­ba­ren Quo­te in einem Testa­ment oder Erb­ver­trag ohne Zustim­mung des betrof­fe­nen Erben.
  • Unent­gelt­li­che Zuwen­dun­gen des Erb­las­sers inner­halb von fünf Jah­ren vor sei­nem Tod, davon aus­ge­nom­men sind Gelegenheitsgeschenke.
  • Ver­mö­gens­ver­äus­se­run­gen des Erb­las­sers, die die­ser vor­ge­nom­men hat, um das Pflicht­teils­recht absicht­lich zu umgehen.

Beklag­te ist die­je­ni­ge Per­son, die vom Erb­las­ser begün­stigt wor­den ist. Bei Gut­heis­sung der Kla­ge wird die Ver­fü­gung des Erb­las­sers soweit her­ab­ge­setzt, dass der kla­gen­de Erbe sei­nen Pflicht­teil erhält.

Es gilt die glei­che Kla­ge­frist wie bei der Ungültigkeitsklage.

c) Die Erbschaftsklage

Mit der Erb­schafts­kla­ge kann ein Erbe, der ein bes­se­res Recht am Nach­lass zu haben glaubt als der Besit­zer, ver­lan­gen, dass ihm die Erb­schafts­sa­chen her­aus­ge­ge­ben werden.

Die Kla­ge­frist beträgt eben­falls ein Jahr, gerech­net vom Zeit­punkt, da der Klä­ger von sei­nem Recht Kennt­nis erhal­ten hat.

d) Die Teilungsklage

Mit ihr kann ein Erbe jeder­zeit die Tei­lung des Nach­las­ses ver­lan­gen. Sie ver­jährt nicht.

e) Die Beschwerde

Sie steht jedem Erben gegen Anord­nun­gen des Wil­lens­voll­streckers offen, wel­che die Rech­te des Erben verletzen.

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Über den Autor

Cornel Wehrli ist Rechtsanwalt mit langjähriger Berufserfahrung. Er ist Mitglied im Schweizerischen Anwaltsverband sowie Inhaber von Wehrli Partner Rechtsanwälte. Er publiziert wöchentlich in der Neuen Fricktaler Zeitung.

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Cornel Wehrli Rechtsanwalt

Cornel Wehrli, Rechtsanwalt

Cornel ist mit Priska verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. Er wohnt in Frick. Als Mitglied des internationalen Serviceclubs Kiwanis gilt sein soziales Engagement den Kindern. In seiner Freizeit geniesst er seine Freiheit auf dem Motarrad oder unter dem Gleitschirm. Wenn Cornel kein Anwalt geworden wäre, würde er sein Geld als Gleitschirm-Testpilot verdienen.

Mein Leitsatz:

«Gesetzeskenntnis allein genügt nicht. Es gilt immer den Menschen mit seinen Sorgen und Wünschen zu erkennen, um gemeinsam den Erfolg anzustreben.»

Haben Sie gewusst?

Cornel hält den Wecker für eine der dümmsten Erfindungen der Menschheit.