Als Scheidung wird die gerichtliche Auflösung einer Ehe bezeichnet. Die Scheidungsrate lag in der Schweiz ab 2005 teilweise bei über 50% und hat sich aktuell bei 40% eingependelt. Im Jahr 2021 wurden jeden Tag 46 Ehen geschieden. (Quelle: Bundesamt für Statistik)
1. Prinzip der Verschuldensunabhängigkeit
Das Scheidungsrecht ist grundsätzlich verschuldensunabhängig. Nach einer Trennungszeit von 2 Jahren kann von jedem Ehegatten (also auch vom „Schuldigen“) die Scheidung verlangt werden. Auch für die Frage, ob eine nacheheliche Unterhaltspflicht besteht, ist das Verschulden der Ehegatten grundsätzlich nicht von Bedeutung.
2. Scheidungsvoraussetzungen
Es gibt keine eigentlichen Scheidungsgründe mehr. Eine Ehe wird geschieden, wenn beide Ehegatten gemeinsam einen Scheidungsantrag stellen. Diese sogenannte einvernehmliche Scheidung ist immer (also auch vor Ablauf der Trennungszeit von 2 Jahren) möglich. Die Parteien müssen sich zumindest darin einig sind, dass sie scheiden wollen. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie die Nebenfolgen der Scheidung bereits in einer Konvention ganz oder teilweise geregelt haben oder nicht.
Sind nicht beide Ehegatten mit der Scheidung einverstanden, so kann die Scheidung auf entsprechende Klage hin nach einer 2‑jährigen Trennung ohne weiteres verlangt werden. Vor Ablauf dieser Trennungszeit kann die Ehe nur dann gegen den Willen eines Ehegatten geschieden werden, wenn eine Weiterführung der Ehe für den anderen Ehegatten unter den gegebenen Umständen (Gewalt, Suchtprobleme u.ä.) nicht mehr zumutbar ist.
3. Nebenfolgen der Scheidung
- a) nachehelicher Unterhalt
- b) berufliche Vorsorge
- c) Kinder
- d) Güterrecht
- e) Name
- f) Erbrecht
a) Nachehelicher Unterhalt
Das Gesetz geht primär von der Eigenversorgung jedes geschiedenen Ehegatten aus. Nur wenn einem Ehegatten nicht zuzumuten ist, selber für die gebührende Lebenshaltung (bisheriger, ehelicher Lebensstandard) zu sorgen, muss der andere Ehegatte einen angemessenen Unterhaltsbeitrag leisten. Sind jedoch beide Ehegatten nach der Auflösung einer Ehe so gestellt, wie wenn sie die Ehe gar nie eingegangen wären, so war diese Ehe nicht lebensprägend und begründet grundsätzlich keinen Anspruch auf Unterhaltsleistungen.
Ob und wie lange Unterhaltsbeiträge geschuldet sind, hängt von folgenden, im Einzelfall zu prüfenden, Umständen ab:
- Aufgabenteilung während der Ehe
- Dauer der Ehe
- Lebensstellung während der Ehe
- Alter und Gesundheit der Ehegatten
- (erzielbares) Einkommen und Vermögen der Ehegatten
- Umfang und Dauer der von den Ehegatten noch zu leistenden Betreuung der Kinder. In der Praxis gilt folgende Faustregel (wobei Abweichungen je nach Einzelfall möglich sind): Teilzeitarbeit von 50% sobald das jüngste Kind eingeschult wird (Kindergarten), ab der Oberstufe erhöht sich das Pensum auf 80% und ab dem 16. Altersjahr des jüngsten Kindes wird von einer Vollzeitarbeit ausgegangen.
- Berufliche Ausbildung und Erwerbsaussichten sowie der mutmassliche Aufwand für die berufliche Eingliederung
- Höhe der zu erwartenden Leistungen von Vorsorgeeinrichtungen (AHV, Pensionskasse, usw.)
Hat ein Ehegatte die Pflicht zum Unterhalt der Familie beizutragen grob verletzt, seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt oder gegen die verpflichtete Person eine schwere Straftat verübt, so erhält er keine Rente. Insofern spielt also das Verschulden immer noch eine Rolle.
Die Höhe der Unterhaltsbeiträge wird grundsätzlich gleich berechnet wie bei der Trennung (siehe Trennungsunterhalt) Allerdings ist beim Unterhaltsberechtigten eine zusätzliche Position nachehelicher Vorsorgeaufbau aufzunehmen, da er — im Gegensatz zum Vollzeiterwerbstätigen – als Teilerwerbstätiger nach der Scheidung nur reduzierte Pensionskassenbeiträge leisten kann, was auszugleichen ist.
Die Frage der Dauer des Unterhaltsbeitrags nach der Scheidung ist in der Praxis von weit gehendem Ermessen geprägt. Als Ausgangspunkt ist an den Grad der Lebensprägung der verflossenen Ehe anzuknüpfen. Die Lebensprägung ist am Stärksten bei lang dauernden Ehen, aus denen Kinder hervorgegangen sind und kaum vorhanden bei kurzen, kinderlosen Ehen. Dazwischen ist die Bandbreite gross:
- Bei langer Ehedauer wird in der Regel die Unterhaltspflicht durch den Eintritt des verpflichteten oder des berechtigten Ehegatten in den Ruhestand begrenzt. Voraussetzung ist allerdings, dass bei beiden Ehegatten die Altersvorsorge angemessen gesichert ist.
- Bei jüngeren Ehepaaren mit unmündigen Kindern ist ein Unterhaltsbeitrag für den betreuenden Ehegatten mindestens bis zum vollendeten 16. Altersjahr des jüngsten Kindes geschuldet.
- Bei kinderlosen Ehen mittlerer Dauer, wo ein Ehegatte auf eine Erwerbstätigkeit verzichtete oder diese stark reduzierte, besteht die sachgerechte Lösung oftmals darin, dass der wirtschaftlich stärkere Ehegatte dem anderen eine angemessene Zweitausbildung und den Unterhalt während dieser Zeit finanziert, dann aber die Unterhaltspflicht erlischt.
- Schwierig zu lösen sind diejenigen Fälle, wo Kinder vorhanden sind, welche die Grenze von 16 Jahren knapp überschritten haben oder kurz davor stehen und wo der bisherige Hausgatte wieder eine (Teil-) Erwerbstätigkeit aufnehmen kann. Dies aber auf einem Einkommensniveau, mit welchem der eheliche Lebensstandard nicht erreicht wird. Oft rechtfertigt es sich auch hier, den Unterhaltsbeitrag bis zur Pensionierung zuzusprechen.
b) Berufliche Vorsorge
Im Gesetz ist die hälftige Teilung des während der Ehe erworbenen Freizügigkeitsguthabens vorgesehen. Auf die hälftige Aufteilung des Freizügigkeitsguthabens können die Ehegatten auch verzichten, aber nur dann, wenn die Altersvorsorge beider Parteien auf andere Weise gewährleistet ist.
c) Kinder
Elterliche Sorge
Die elterliche Sorge ist das Recht und die Pflicht, für das Kind in jenen Bereichen zu entscheiden, wo es das noch nicht selbst kann. Wer die elterliche Sorge innehat, entscheidet demnach über Schul- und Berufswahl, religiöse Erziehung, medizinische Eingriffe usw. Es gilt der Grundsatz, dass nach der Scheidung beide Elternteile gemeinsam das Sorgerecht behalten. Nur in Ausnahmefällen wird hievon abgewichen.
Obhut (Betreuung)
Demgegenüber umfasst die elterliche Obhut die tägliche Betreuung und Pflege der Kinder. Für den Entscheid, wer die Obhut erhält, ist das Kindeswohl ausschlaggebend. Denkbar ist auch, dass die Obhut alternierend von beiden Ehegatten ausgeübt wird. Im Vordergrund stehen folgende Zuteilungskriterien:
- Erziehungsfähigkeit der Eltern
- Möglichkeit der persönlichen Betreuung
- Stabilität der örtlichen und familiären Verhältnisse
- Geschwister sollen nach Möglichkeit nicht getrennt werden
- je nach Alter der Kinder soll deren Wunsch berücksichtigt werden
- ein mütterlicher Vorrang besteht nicht mehr
Kontaktrecht
Sowohl das Kind als auch der nicht obhutsberechtigte Elternteil haben ein Recht auf persönlichen Verkehr (Besuchs- und Ferienrecht).
Unterhalt
Der nicht obhutsberechtigte Elternteil hat einen monatlichen Unterhaltsbeitrag zu bezahlen (zur Unterhaltsberechnung siehe oben). Zudem können von ihm Beiträge an ausserordentliche Bedürfnisse des Kindes (z. B. teure Zahnkorrekturen, besondere Schulkosten) verlangt werden.
d) Güterrecht
Bei der Ehescheidung ist das Vermögen der Ehegatten entsprechend ihrem Güterstand aufzuteilen (güterrechtliche Auseinandersetzung). Es kann auf die Ausführungen im Kapitel über das Güterrecht verwiesen werden.
e) Name
Der Ehegatte, der seinen Namen geändert hat, behält den bei der Heirat erworbenen Familiennamen. Er kann aber jederzeit gegenüber dem Zivilstandsbeamten erklärt, dass er den früheren Namen wieder führen will.
f) Erbrecht
Geschiedene Ehegatten haben zueinander kein gesetzliches Erbrecht und können aus Verfügungen von Todes wegen, die sie vor der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens errichtet haben, keine Ansprüche erheben.