Frage: Ich bin letzten Mittwoch aufgrund einer Zugverspätung zu spät zur Arbeit erschienen. Kurz darauf fehlte eine Materiallieferung und wir wurden am Nachmittag vom Chef nach Hause geschickt. Meine Verspätung muss ich nacharbeiten und der ausgefallene restliche Tag wird mir nicht bezahlt. Dumm gelaufen?
Antwort: Nein. Wichtig zur Klärung Ihrer Frage ist in erster Linie der Grund für die Absenz. Es wird hierbei zwischen Ereignissen unterschieden, welche Sie persönlich betreffen und solchen, welche einen grösseren Personenkreis tangieren.
Liegt der Grund für die Absenz in Ihrer Person, dürfen Sie von der Arbeit fernbleiben und müssen nichts nacharbeiten. Beispiel für eine solche Situation wäre ein Unfall oder eine Krankheit. Aber auch Ihre Heirat, die Geburt eigener Kinder oder der Tod eines nahen Verwandten fällt in diese Kategorie. Bei Krankheit oder Unfall haben Sie Anspruch auf eine Lohnfortzahlung. Bei einer Heirat/Todesfall/Geburt ist die Lohnfortzahlung jedoch umstritten.
Betrifft das Ereignis für Ihren Arbeitsausfall jedoch einen grösseren Personenkreis, tragen Sie das Risiko grundsätzlich selbst. Beispiele hierfür wären ein Stau, ein Unwetter oder ein Zugausfall. Durch ein charmantes Lächeln auf den Lippen zeigt sich der Chef vielleicht kulant, andernfalls müssen Sie die ausgefallene Zeit entweder nacharbeiten oder einen entsprechenden Lohnabzug hinnehmen.
Besser stehen Sie da, wenn der Grund für den Arbeitsausfall dem Betrieb anzurechnen ist. Dies ist bei Ihnen der Fall, da der Chef aufgrund des Materialmangels nicht genügend Arbeit zuweisen konnte. Hier haben Sie trotz der unfreiwilligen Arbeitspause den vertraglichen Lohn weiterhin zugute. Die verlorene Zeit wegen der Zugverspätung müssen Sie also nacharbeiten, den freien Nachmittag hingegen können Sie ohne schlechtes Gewissen geniessen. Der Chef muss Ihnen für den Nachmittag den vollen Lohn bezahlen.