Der Strafbefehl – ein Anwalt klärt auf

Oft erhält man ihn bei Ver­kehrs- und Betäu­bungs­mit­tel­de­lik­ten. Er ist aber auch bei ande­ren Straf­ta­ten (wie bei­spiels­wei­se fahr­läs­si­ger Kör­per­ver­let­zung) anzu­tref­fen. Der Straf­be­fehl ist in der Schweiz weit ver­brei­tet. Meist kommt er per Post ins Haus geflat­tert und nicht sel­ten hin­ter­lässt er ein ungu­tes Gefühl in der Bauch­ge­gend. Doch um was han­delt es sich bei die­sem omi­nö­sen Stück Papier genau?

Was ist ein Strafbefehl?

Was ist ein Strafbefehl

Der Straf­be­fehl ist kein Urteil, son­dern ledig­lich ein Urteils­vor­schlag der Staats­an­walt­schaft. Er kommt zur Anwen­dung, wenn der Sach­ver­halt ein­ge­stan­den wur­de oder ander­wei­tig aus­rei­chend abge­klärt scheint. Ziel ist eine effi­zi­en­te und kosten­gün­sti­ge Erle­di­gung der Strafsache.

Weder die Anhö­rung der beschul­dig­ten Per­son, noch deren Geständ­nis ist für den Erlass eines Straf­be­fehls zwin­gend erfor­der­lich. Auch eine Begrün­dung ist laut Gesetz nur beim Wider­ruf einer bedingt aus­ge­spro­che­nen Sank­ti­on oder einer beding­ten Ent­las­sung notwendig.

Wie viel kostet ein Strafbefehl?

kosten Strafbefehl

Die Kosten eines Straf­be­fehls set­zen sich aus den Straf­be­fehls­ge­büh­ren und der Stra­fe an sich zusammen.

Die Straf­be­fehls­ge­bühr deckt den Auf­wand im Vor­ver­fah­ren ab. Die kon­kre­te Höhe ist ein­zel­fall­ab­hän­gig. Je höher die aus­ge­spro­chen Stra­fe, desto höher ist im Regel­fall auch die Strafbefehlsgebühr.

Im Kan­ton Aar­gau beträgt die Straf­be­fehls­ge­bühr einer Bus­se in der Regel zwi­schen 300 und 700 Fran­ken. Bei Geld­stra­fen zwi­schen 600 und 1‘400 Fran­ken. Frei­heits­stra­fen sind noch­mals etwas teurer.

Zu der Straf­be­fehls­ge­bühr kommt die eigent­li­che Stra­fe dazu. Auch deren Höhe ist ein­zel­fall­ab­hän­gig. Der Straf­rah­men reicht von einer Bus­se (bspw. 250 Fran­ken bei Nicht­be­ach­ten eines Licht­si­gnals) bis hin zu einer Maxi­mal­stra­fe von sechs Mona­ten Frei­heits­stra­fe. (Unter fol­gen­dem Link fin­den Sie die Straf­be­fehls­emp­feh­lun­gen des Kan­tons Aargau)

Was muss ich tun, wenn ich einen Strafbefehl erhalten habe?

Wenn Sie einen Straf­be­fehl erhal­ten, haben Sie zwei Mög­lich­kei­ten. Sofern Sie mit der ange­droh­ten Stra­fe ein­ver­stan­den sind, besteht kein Hand­lungs­be­darf. Andern­falls müs­sen Sie zwin­gend Ein­spra­che erheben.

Was passiert, wenn ich den Strafbefehl nicht bezahle?

Wenn Sie den Straf­be­fehl nicht innert der ange­ge­ben Frist bezah­len, dro­hen Ihnen eine Mahn­ge­bühr sowie kosten­pflich­ti­ge betrei­bungs­recht­li­che Mass­nah­men. Wur­de eine Ersatz­frei­heits­stra­fe aus­ge­spro­chen, wird die­se bei Nicht­be­zah­len innert Frist und/oder ergeb­nis­lo­ser Betrei­bung vollzogen.

Haben Sie nicht aus­rei­chend finan­zi­el­le Mit­tel, kön­nen Sie einen Antrag auf Raten­zah­lung stellen.

Wie erhebe ich Einsprache gegen den Strafbefehl?

Sind Sie mit dem Straf­be­fehl nicht ein­ver­stan­den, müs­sen Sie zwin­gend inner­halb von 10 Tagen ab Erhalt schrift­lich Ein­spra­che bei der Staats­an­walt­schaft erheben.

Die Ein­spra­che gilt als recht­zei­tig ein­ge­reicht, wenn Sie die­se am letz­ten Tag der Frist bei der Staats­an­walt­schaft abge­ben oder der Schwei­zer Post über­ge­ben. Eine Frist­er­streckung ist nicht möglich.

Die Ein­spra­che ist kosten­los, eine Begrün­dung ist nicht erfor­der­lich. Unter fol­gen­dem Link fin­den Sie eine Muster­vor­la­ge für eine Einsprache.

Als beschul­dig­te Per­son haben Sie das Recht, Ein­sicht in die Akten zu neh­men. Gegen Ent­rich­tung einer Gebühr kön­nen Sie bei der Staats­an­walt­schaft die Anfer­ti­gung von Kopien ver­lan­gen. Falls es für die Akten­ein­sicht zu knapp wird, kön­nen Sie vor­sorg­lich Ein­spra­che erhe­ben. Ein Rück­zug der Ein­spra­che ist jeder­zeit mög­lich, spä­te­stens jedoch bei der Gerichtsverhandlung.

Was passiert, wenn ich nicht innert der 10-tägigen Frist Einsprache erhebe?

Einsprache nicht bezahlt

Erhebt man nicht innert 10 Tagen Ein­spra­che, wird der Straf­be­fehl rechts­kräf­tig und damit zu einem voll­streck­ba­ren Urteil. Gegen die­ses kann man sich nur noch weh­ren, wenn man glaub­haft machen kann, dass die Ein­spra­che­frist aus einem nicht selbst ver­schul­de­ten Grund ver­passt wurde.

Die­ses Gesuch um Frist­wie­der­her­stel­lung, sowie die ver­säum­te Ein­spra­che, muss man innert 30 Tagen seit Weg­fall des Säum­nis­grun­des bei der Staats­an­walt­schaft einreichen.

Was passiert nach meiner Einsprache?

Was pasiert nach Einsprache

Nach einer Ein­spra­che kommt es – soweit erfor­der­lich – zu wei­te­ren Unter­su­chun­gen. Ins­be­son­de­re wird die beschul­dig­te Per­son ange­hört, sofern dies nicht bereits frü­her erfolgt ist.

Je nach Beweis­la­ge wird das Ver­fah­ren dann von der Staats­an­walt­schaft ein­ge­stellt oder zur Ankla­ge dem Gericht über­ge­ben. Auch der Erlass eines neu­en Straf­be­fehls ist mög­lich, soll­te die Staats­an­walt­schaft anläss­lich der neu­en Beweis­la­ge zum Schluss kom­men, dass auf­grund der sich nun geän­der­ten Sach- resp. Rechts­la­ge ein ande­res Straf­mass oder eine ande­re Sank­ti­on ange­bracht ist.

Gegen einen abge­än­der­ten Straf­be­fehl kann erneut Ein­spra­che ergrif­fen wer­den. Hält das Gericht im Fal­le einer Ankla­ge an der Ver­ur­tei­lung fest, muss man mit Ver­fah­rens­ko­sten von 1’000 Fran­ken und mehr rech­nen. Wird man hin­ge­gen frei­ge­spro­chen, ist man von allen Kosten befreit und kann Kosten­er­satz für eine all­fäl­li­ge anwalt­li­che Ver­tre­tung verlangen.

Kann ich meine Einsprache zurückziehen?

Ein Rück­zug der Ein­spra­che ist jeder­zeit mög­lich, spä­te­stens jedoch bei der Gerichts­ver­hand­lung. Eben­falls als Rück­zug gilt, wenn die Ein­spra­che erhe­ben­de Per­son einer Ein­ver­nah­me trotz Vor­la­dung unent­schul­digt fern bleibt.

Wann lohnt sich eine Einsprache?

Eine Ein­spra­che ist dann sinn­voll, wenn Sie Bewei­se haben, die Sie von den Vor­wür­fen befrei­en. Das kann bei­spiels­wei­se ein Ali­bi sein, wel­ches vor Gericht bezeugt, dass Sie zum Tat­zeit­punkt gar nicht am Tat­ort waren.

Eine Ein­spra­che lohnt sich aber auch dann, wenn Ihnen die Staats­an­walt­schaft die Tat nicht zwei­fels­frei nach­wei­sen kann. Es gilt der Grund­satz in dubio pro reo (im Zwei­fel für den Angeklagten).

Wann brauche ich einen Anwalt?

brauche ich einen anwalt

Wenn es sich nicht um eine kla­re Baga­tell­sa­che han­delt, lohnt sich der Bei­zug eines Anwalts so früh wie möglich.

Der Anwalt erläu­tert Ihnen, wie die Chan­cen einer Ein­spra­che im kon­kre­ten Fall ste­hen und erklärt Ihnen den wei­te­ren Ver­lauf des Ver­fah­rens. Er berät Sie über das rich­ti­ge Ver­hal­ten in der Ein­ver­nah­me vor der Poli­zei oder der Staats­an­walt­schaft und steht Ihnen bei die­sen unter­stüt­zend zur Sei­te. Er kon­trol­liert, ob die Poli­zei und Staats­an­walt­schaft die straf­pro­zes­sua­len Regeln ein­hal­ten, und sorgt dafür, dass alles mit rech­ten Din­gen abläuft.

Der über­schau­ba­re finan­zi­el­le Auf­wand für eine erste Ein­schät­zung ist im Zwei­fels­fall sicher­lich gut inve­stier­tes Geld.

Werden Strafbefehle im Strafregister eingetragen?

Ob eine Ein­tra­gung im Straf­re­gi­ster vor­ge­nom­men wird, hängt von der Straf­art und Straf­hö­he ab. In der Schweiz gibt es drei Arten von Straftaten:

Ver­bre­chen sind Straf­ta­ten, wel­che mit einer maxi­ma­len Frei­heits­stra­fe von mehr als drei Jah­ren bestraft wer­den. Ver­ge­hen wer­den mit Geld­stra­fe oder Frei­heits­stra­fe bis drei Jah­re bestraft. Über­tre­tun­gen wer­den mit Bus­se geahndet.

Ver­ge­hen und Ver­bre­chen wer­den immer im Straf­re­gi­ster ein­ge­tra­gen. Über­tre­tun­gen hin­ge­gen im Nor­mal­fall erst ab einer Bus­se von über 5‘000 Fran­ken. Im Aus­nah­me­fall kann eine Über­tre­tung aber auch schon unter 5‘000 Fran­ken ein­ge­tra­gen wer­den. Dies ist bei­spiels­wei­se im Zusam­men­hang mit Wie­der­ho­lungs­tä­tern oder einem Tätigkeits‑, Kon­takt- oder Ray­on­ver­bot denkbar.

Zählt der Strafbefehl als Vorstrafe?

Der Straf­be­fehl zählt dann als Vor­stra­fe, wenn er zu einem Ein­trag im Straf­re­gi­ster führt. Dies ist dann der Fall, wenn die aus­ge­spro­che­ne Stra­fe ein Ver­ge­hen und Ver­bre­chen ist oder die Bus­se einer Über­tre­tung mehr als 5’000 Fran­ken beträgt.

Warum stehen Strafbefehle in der Kritik?

Fragezeichen

Straf­be­feh­le ste­hen in der Kri­tik, weil sie sehr feh­ler­an­fäl­lig sind. So wer­den bei­spiels­wei­se häu­fig Per­so­nen ver­wech­selt. Denn nicht sel­ten stüt­zen sich Straf­be­feh­le aus­schliess­lich auf die poli­zei­li­chen Ermitt­lun­gen und Beschul­dig­te wer­den gar nicht erst angehört.

Die­se feh­len­de Ein­ver­nah­me führt dazu, dass sich die Betrof­fe­nen nicht sel­ten über­gan­gen füh­len. Wei­ter wird die­ser «kur­ze Pro­zess» als unfair emp­fun­den, wenn Betrof­fe­ne ihn nicht ken­nen und sprach­lich oder intel­lek­tu­ell das Juri­sten­deutsch und die Kon­se­quen­zen einer aus­blei­ben­den Ein­spra­che nicht verstehen.

Und die­se Kon­se­quen­zen kön­nen es in sich haben: So kann ein in Rechts­kraft erwach­se­ner Straf­be­fehl ger­ne auch einen mehr­mo­na­ti­gen Füh­rer­aus­weis­ent­zug oder gar einen Ein­trag im Straf­re­gi­ster nach sich zie­hen. Letz­te­rer wie­der­um kann nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen bei der Arbeits­su­che oder in einem Ein­bür­ge­rungs­ver­fah­ren haben.

Ein wei­te­rer Kri­tik­punkt ist die feh­len­de rich­ter­li­che Über­prü­fung. Denn im Fall des Straf­be­fehls ist der Anklä­ger (der Staats­an­walt) gleich­zei­tig auch der Richter.

Nicht zuletzt steht auch die kur­ze Ein­spra­che­frist von 10 Tagen, die feh­len­de Vor­aus­set­zung von min­de­stens einer Ein­ver­nah­me des Beschul­dig­ten sowie die feh­len­de Über­set­zung des Straf­be­fehls für Fremd­spra­chi­ge in der Kritik.

Zusammenfassung

Der Straf­be­fehl hat das Ziel einer mög­lichst effi­zi­en­ten Erle­di­gung von leich­ten bis mit­tel­schwe­ren Straf­ta­ten. Zen­tral ist die 10-tägi­ge Ein­spra­che­frist. Wird nicht recht­zei­tig Ein­spra­che erho­ben, wird der Straf­be­fehl rechts­kräf­tig und damit zu einem voll­streck­ba­ren Urteil.

Mit dem Straf­be­fehl ein­her gehen oft­mals hohe Gebüh­ren, wel­che die eigent­li­che Bus­se auch über­stei­gen können.

Eine rechts­kun­di­ge Bera­tung ist dann zu emp­feh­len, wenn es sich nicht mehr um rei­ne Baga­tell­de­lik­te han­delt und ein Ein­trag im Straf­re­gi­ster droht.

Inhaltsverzeichnis:
Über den Autor

Über den Autor

Cornel Wehrli ist Rechtsanwalt mit langjähriger Berufserfahrung. Er ist Mitglied im Schweizerischen Anwaltsverband sowie Inhaber von Wehrli Partner Rechtsanwälte. Er publiziert wöchentlich in der Neuen Fricktaler Zeitung.

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Ein erster Kontakt kann Wunder wirken

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Lernen Sie uns kennen, denn die Wahl eines Anwalts ist Vertrauenssache. Gerne machen wir auch kurzfristig einen Termin mit Ihnen in unserer Kanzlei aus. 

Unsere Kanzlei bleibt über die Feiertage bis und mit 2. Januar 2024 geschlossen. Wir wünschen Ihnen frohe Festtage und alles Gute für das neue Jahr.

Wir sind von Montag bis Freitag von 8–12 Uhr und 13–17 Uhr für Sie da. Auf E-Mail und Kontaktformulare antworten wir in der Regel innert eines Arbeitstags.

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Cornel Wehrli Rechtsanwalt

Cornel Wehrli, Rechtsanwalt

Cornel ist mit Priska verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. Er wohnt in Frick. Als Mitglied des internationalen Serviceclubs Kiwanis gilt sein soziales Engagement den Kindern. In seiner Freizeit geniesst er seine Freiheit auf dem Motarrad oder unter dem Gleitschirm. Wenn Cornel kein Anwalt geworden wäre, würde er sein Geld als Gleitschirm-Testpilot verdienen.

Mein Leitsatz:

«Gesetzeskenntnis allein genügt nicht. Es gilt immer den Menschen mit seinen Sorgen und Wünschen zu erkennen, um gemeinsam den Erfolg anzustreben.»

Haben Sie gewusst?

Cornel hält den Wecker für eine der dümmsten Erfindungen der Menschheit.