Frage: Wir haben einen Schreiner mit verschiedenen Renovationsarbeiten beauftragt. Er machte einen “ungefähren Kostenvoranschlag“ für den Umbau unserer Küche. Dieser belief sich auf 20’000 Franken. Mit der Arbeit waren wir sehr zufrieden. Nach Beendigung der Arbeiten kam aber die böse Überraschung. Die Rechnung belief sich auf rund 28’000 Franken. Damit waren wir nicht einverstanden. Der Schreiner lässt jedoch nicht mit sich reden. Er behauptet, es habe sich bei der Offerte nur um eine unverbindliche Schätzung gehandelt. Müssen wir tatsächlich die 28’000 Franken bezahlen?
Antwort: Nein. Der Schreiner hat seine Offerte als “ungefähren Kostenvoranschlag“ bezeichnet. Dies ist zwar an und für sich ein unverbindlicher Kostenvoranschlag. Ein solcher stellt grundsätzlich keine Preisvereinbarung dar und der geschuldete Preis richtet sich nach dem effektiven Aufwand des Handwerkers. Dies gilt aber nicht unbeschränkt. Bei einer unverhältnismässigen Überschreitung eines unverbindlichen Kostenvoranschlags kann der Besteller nämlich eine Preisreduktion verlangen. Als Faustregel gilt eine Toleranzgrenze von 10 Prozent. Dabei werden jeweils die gesamten Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Dem Richter kommt ein entsprechender Ermessensspielraum zu. In Ihrem Fall besteht eine Überschreitung von rund 40 Prozent, was eindeutig zu hoch ist. Die Überschreitung ist zudem nicht auf nachträgliche Abänderungswünsche von Ihnen zurückzuführen. Sie können deshalb vom Handwerker eine Preisreduktion verlangen. In der Praxis tragen die Beteiligten die Überschreitung der Toleranz von 10 Prozent je zur Hälfte. Aber auch in diesem Punkt ist eine abweichende Regelung denkbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn den Handwerker ein grobes Verschulden am falschen Kostenvoranschlag trifft.