Frage: Unsere Nachbarin wollte meinem 13-jährigen Sohn eine Freude machen und schenkte ihm ihr altes Fahrrad. Da ihre Kinder bereits ausgezogen sind und sie selbst nicht mehr Fahrrad fährt, hatte sie keine Verwendung dafür. Gestern kam der Sohn der Nachbarin und verlangte das Fahrrad zurück, da er es online verkaufen will. Er ist der Ansicht, mein Sohn müsse das Fahrrad zurückgeben. Da mein Sohn noch nicht volljährig ist, sei die Schenkung seiner Mutter nicht rechtsgültig. Stimmt das, müssen wir das Fahrrad zurückgeben?
Antwort: Nein. Grundsätzlich können Kinder unter 18 Jahren ohne Einwilligung der Eltern keine Rechtsgeschäfte abschliessen. Die Eltern müssen dem Vertrag im Voraus, bei Vertragsabschluss oder aber im Nachhinein zustimmen. Erfahren die Eltern erst nach Vertragsabschluss vom Rechtsgeschäft und teilen dem Verkäufer mit, dass Sie damit nicht einverstanden sind, ist der Vertrag ungültig. Wenn die Eltern jedoch vom Rechtsgeschäft erfahren, nichts unternehmen und durch ihr Verhalten zu erkennen geben, dass sie einverstanden sind, wird der Vertrag ebenfalls gültig. Von dieser Regel ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, die das Kind im Rahmen seines eigenen Taschengelds oder Lehrlingslohns abschliesst — dem sogenannten freien Kindsvermögen. Über dieses Vermögen kann das Kind selbst verfügen und gültige Verträge abschliessen. Die Zustimmung der Eltern ist dabei nicht nötig. In Ihrem Fall handelt es sich jedoch um eine Schenkung. Solche sogenannten unentgeltliche Vorteile dürfen auch Minderjährige ohne Zustimmung der Eltern entgegennehmen. Dies gilt selbst dann, wenn der Wert des Objekts über dem freien Kindsvermögen liegt. Die Schenkung Ihrer Nachbarin des rund 700 Franken teuren Fahrrads an Ihren Sohn ist daher gültig. Sie müssen das Fahrrad nicht zurückgeben, es gehört Ihrem Sohn.