Frage: Mir hat vor vier Wochen ein Bekannter eine gebrauchte Armbanduhr für 800 Franken angeboten. Nach einigem hin und her habe ich ihm die Uhr schliesslich für 650 Franken abgekauft. Vor zwei Tagen ist nun der Bruder meines Bekannten zu mir gekommen. Er hat mich aufgefordert, ihm die Uhr sofort zurückgeben, da ihm diese gestohlen wurde. Kann ich die Uhr zurückbehalten und nur gegen die Bezahlung der 650 Franken herausgeben?
Antwort: Nein. Der Bruder Ihres Bekannten kann offenbar beweisen, dass er der rechtmässige Eigentümer der Uhr ist. Im schweizerischen Recht gilt der bereits bei den Römern bekannte Grundsatz, wonach niemand mehr Rechte übertragen kann, als er selbst besitzt. Eine Ausnahme besteht nur bei anvertrauten Sachen. Ihrem Bekannten wurde die Uhr von seinem Bruder nicht ausgeliehen (anvertraut), sondern er hat diese schlicht gestohlen. Somit konnte er Ihnen das Eigentum an der Uhr auch nicht übertragen. Der Eigentümer der Uhr (Bruder) kann deshalb die Uhr von Ihnen zurückfordern. An sich naheliegend ist Ihre Idee, die Rückgabe mit der Rückerstattung des Kaufpreises zu verknüpfen. Leider ist dies im Gesetz nicht so vorgesehen. Zu einer solchen Rückerstattung des Kaufpreises kommt es nämlich nur, wenn Sie im Unwissen um den Diebstahl die Uhr öffentlich ersteigert oder bei einem Geschäft gekauft haben. Da Sie die Uhr von einem Bekannten gekauft haben, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Sie müssen deshalb dem Bruder die Uhr ohne Entgelt zurückgeben. Erst nach Ablauf von fünf Jahren wäre Ihr Kauf geschützt und Sie könnten die Uhr behalten. Allerdings gehen Sie auch so nicht leer aus. Sie können sich an den Dieb (Bekannten) halten. Dieser ist verpflichtet, Ihnen den entstandenen Schaden und somit die 650 Franken zu ersetzen.