Frage: Mein Vater ist dieses Jahr verstorben. Vor rund 25 Jahren verkaufte er mir ein Haus zum damaligen Verkehrswert. Nun ist mein Bruder der Meinung, ich müsse mir den in der Zwischenzeit gestiegenen Wert des Hauses als Erbvorbezug anrechnen lassen. Stimmt das, muss ich den Mehrwert des Hauses ausgleichen?
Antwort: Nein. Ausgeglichen werden müssen bloss Erbvorbezüge und gewisse Schenkungen an Nachkommen. Wer eine solche Zuwendung erhalten hat, kann diese in natura in die Erbmasse einwerfen oder er kann sich deren Wert an seinen Erbteil anrechnen lassen. Bei Geldbeträgen erfolgt die Anrechnung in der Höhe des erhaltenen Betrags zum Nennwert. Bei Sachwerten gilt der Wert zur Zeit des Erbgangs. Da Sie bloss Leistungen ausgleichen müssen, die Sie von Ihrem Vater unentgeltlich oder unter dem tatsächlichen Wert erhalten haben, müssen Sie das Haus oder dessen Mehrwert nicht bei der Erbteilung ausgleichen. Sie haben das Haus damals zum tatsächlichen Wert erworben. Es handelt sich somit um einen gewöhnlichen Kauf. Hätten Sie das Haus damals zu einem deutlich tieferen Preis als den Verkehrswert gekauft, hätte es sich um eine sogenannte gemischte Schenkung gehalten. In diesem Fall unterlägen der unentgeltliche Teil und der Mehrwert des Hauses der Ausgleichungspflicht. Anders, wenn Sie das Haus als Erbvorbezug erhalten hätten. Dann müssten Sie sich den vollen Verkehrswert des Hauses zum Zeitpunkt des Erbgangs anrechnen lassen. Wenn dieser Betrag höher als Ihr Erbteil ist, müssten Sie den anderen Erben die Differenz ausbezahlen. Von der Ausgleichungspflicht befreit sind Sie, wenn Ihr Vater eine ausdrückliche Erklärung abgegeben hat, dass der Erbvorbezug nicht an Ihr Erbe angerechnet werden soll. Dabei dürfen jedoch die Pflichtteile der anderen Erben nicht verletzt werden.