Frage: Zwischen mir und meinem Mann kriselt es gerade heftig. Er will mich nun sogar aus unserer Wohnung werfen, welche wir seit mehreren Jahren gemeinsam bewohnen. Da nur er den Mietvertrag unterschrieben hat, könne er tun und lassen, was er wolle. Stimmt das?
Antwort: Nein, das darf er nicht. Im Falle einer Trennung können die Ehegatten grundsätzlich selbstständig entscheiden, wer in der ehelichen Wohnung bleibt und wer auszieht. Kommt es zu keiner Einigung, kann jeder Ehegatte das Eheschutzgericht am Wohnort einschalten.
Dieses beurteilt nach Zweckmässigkeitsgründen. Massgebend für die Entscheidung ist, welcher Ehegatte aus familiären, beruflichen oder gesundheitlichen Gründen stärker auf die Wohnung angewiesen ist als der andere. Insbesondere wenn minderjährige Kinder vorhanden sind, wird regelmässig derjenige Ehepartner die eheliche Wohnung zugesprochen bekommen, welcher das Obhutsrecht über die Kinder ausübt. Dies dient dem Erhalt des gewohnten Umfelds des Kindes. Weitere wichtige Gründe liegen vor, wenn man zur Berufsausübung auf die Wohnung angewiesen ist oder wenn die Wohnung besonders eingerichtet wurde (bspw. bei Invalidität).
In Ihrem Fall werden Sie voraussichtlich das Obhutsrecht für Ihre sechsjährige Tochter Anna bekommen. In diesem Fall sind Sie auf die Benutzung der Wohnung dringender angewiesen als Ihr Ehemann. Das Gericht wird daher Ihrem Mann eine Frist von ein paar Wochen gewähren, um eine neue Wohnung zu suchen. In Ausnahmesituationen kann es auch einen sofortigen Auszug verfügen. Dies würde im Übrigen selbst dann gelten, wenn Ihr Ehemann der Eigentümer der Wohnung wäre. Bis zur Scheidung wäre auch in einem solchen Fall die Zweckmässigkeit (und nicht die Eigentumsverhältnisse) für die Zuweisung der Wohnung ausschlaggebend.