Frage: Meine Frau und ich wohnen seit 11 Jahren in derselben Mietwohnung. Nachdem unserer Kinder ausgezogen sind, möchten wir einen neuen Anstrich der Wände. Unser Vermieter will jedoch davon nichts wissen, der Anstrich sei noch in Ordnung. Ein Freund hat mir nun gesagt, der Vermieter müsse sowieso renovieren. Die Lebensdauer des Anstrichs betrage nur 8 Jahre. Stimmt das?
Antwort: Nein. In der Lebensdauertabelle ist die durchschnittliche Lebensdauer eines Dispersionsanstrichs zwar tatsächlich mit 8 Jahren angegeben. Doch diese Angabe gibt dem Mieter nicht automatisch den Anspruch, nach dieser Dauer einen neuen Anstrich zu verlangen. Nach Gesetz hat der Vermieter das Mietobjekt beim Vertragsbeginn in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und in demselben zu erhalten. Der Vermieter ist somit verpflichtet, während der Mietdauer diejenigen Mängel zu beheben, welche den vertraglich vereinbarten Gebrauch beeinträchtigen. Massgebend ist dabei nicht das Alter des Anstrichs der Wohnung, sondern dessen konkreter Zustand. Es muss im Einzelfall entschieden werden, ob die Wände so stark verschmutzt sind, dass die normale Abnützung zu einem eigentlichen Mangel geführt hat. Bei teureren Wohnungen wird das Vorliegen eines Mangels eher zu bejahen sein, als bei günstigeren, da mit dem höheren Mietzins nicht nur für Funktionalität sondern auch für Ästhetik bezahlt wird. Die Lebensdauer kommt demgegenüber dann zum Tragen, wenn beim Auszug Mängel festgestellt werden, für welche der Mieter haftet. Der Mieter muss dabei nur insoweit für den Schaden einstehen, als die Lebensdauer nicht überschritten ist. Bei einem Neuanstrich nach 6 Jahren muss er beispielsweise nur 2/8 der Malerrechnung bezahlen (6/8 der Lebensdauer von 8 Jahren sind abgelaufen).