Frage: Meine 14-jährige Tochter war letztens alleine beim Arzt. Als sie nach Hause kam, wollte sie mir nicht erzählen, was der Arzt gesagt hat. Sie meinte bloss, es sei alles in Ordnung. Also rief ich in der Arztpraxis an, um zu erfahren, was meiner Tochter fehlt. Doch dort wurde mir gesagt, dass man mir keine Auskunft geben könne. Diese Information unterliege dem Arztgeheimnis. Darf mir der Arzt die Auskunft verweigern, obwohl meine Tochter noch minderjährig ist und ich ihre gesetzliche Vertreterin bin?
Antwort: Ja. Medizinische Fachpersonen wie Ärzte, Zahnärzte, Chiropraktiker, Apotheker, Hebammen, Psychologen und deren Hilfspersonen unterliegen dem Arztgeheimnis. Sie dürfen ohne die Einwilligung des Patienten keine Informationen an Dritte weitergeben. Dazu gehören etwa Untersuchungsergebnisse, Diagnosen oder Therapiemassnahmen. Selbst die Tatsache, dass jemand in ärztlicher Behandlung ist, unterliegt dem Arztgeheimnis. Die Schweigepflicht gilt auch gegenüber den Eltern von Kindern. Vorausgesetzt ist, dass das Kind urteilsfähig ist. Dann sind auch Minderjährige durch das Arztgeheimnis geschützt. Als urteilsfähig gelten Kinder, wenn sie in der Lage sind, die Informationen zu ihrer Gesundheit zu verstehen und entsprechend zu handeln. Es gibt keine bestimmte Altersgrenze, sondern die Urteilsfähigkeit ist stets in Bezug auf den aktuellen Zeitpunkt und die in Frage stehende Behandlung zu beurteilen. Bei Jugendlichen von 12 bis 16 Jahren muss die Urteilsfähigkeit jeweils im Einzelfall beurteilt werden. Ab dem 16. Altersjahr gelten Jugendliche grundsätzlich als urteilsfähig. Da es sich beim Arztbesuch Ihrer Tochter offenbar um eine einfache Routineuntersuchung handelte, welche keine weiteren Behandlungen nach sich zog, darf der Arzt Ihnen ohne die Zustimmung Ihrer Tochter keine weiteren Auskünfte erteilen.