Frage: Meine Eltern sind beide letztes Jahr verstorben. Vor ihrem Tod haben sie meinem Bruder eine grössere Geldsumme geschenkt, damit er sich selbstständig machen und sein eigenes Geschäft aufbauen kann. Ich hingegen habe nie Geld von unseren Eltern erhalten. Kann ich das Geld von meinem Bruder zurückfordern?
Antwort: Nein, Sie gehen aber trotzdem nicht leer aus. Kinder müssen nämlich Schenkungen und Erbvorbezüge, die sie von ihren Eltern erhalten haben, im Todesfall gegenüber den anderen Erben ausgleichen. Das bedeutet, die Schenkung oder der Erbvorbezug wird zum Nachlassvermögen hinzugerechnet und bei der Berechnung der Erbanteile dem entsprechenden Erben angerechnet. Die Ausgleichungspflicht der Nachkommen gilt nur für Schenkungen, die existenzsichernd oder ‑verbessernd sind. Nicht darunter fallen sogenannte «Luxus»-Schenkungen. Auch übliche Gelegenheitsgeschenke unterliegen nicht der Ausgleichungspflicht. Die Eltern können aber anordnen, dass eine ausgleichspflichtige Schenkung nicht der Ausgleichung unterliegen soll. Weiter können sie entscheiden, zu welchem Wert die Schenkung ausgeglichen werden soll. Kinder dürfen ungleich behandelt werden, da die Eltern selbst entscheiden können, was sie mit ihrem Vermögen tun wollen. Dabei dürfen die Schenkungen, die durch die Eltern von der Ausgleichungspflicht befreit wurden, nicht die Pflichtteile der benachteiligten Kinder verletzen. Sonst können diese eine Rückzahlung in der Höhe ihrer Pflichtteile verlangen. Die Schenkung an Ihren Bruder diente seiner Existenzverbesserung und unterliegt somit der Ausgleichungspflicht, sofern Ihre Eltern ihn nicht davon befreit haben. Sie können die Geldsumme zwar nicht direkt von Ihrem Bruder zurückfordern, sie wird ihm aber bei der Erbteilung angerechnet.