Frage: Letzte Woche wurde mein Sohn krank. Ich musste daher zu Hause bleiben und ihn für eineinhalb Tage pflegen. Jetzt hat mir mein Chef mitgeteilt, er werde mir diese Tage vom Monatslohn abziehen. Muss ich mir diesen Abzug tatsächlich gefallen lassen?
Antwort: Nein. Gemäss Artikel 324a des Obligationenrechts muss der Arbeitgeber bei einem Arbeitsverhältnis, welches mehr als 3 Monate gedauert hat, den Lohn für eine gewisse Zeit weiter bezahlen. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer ohne Verschulden aus Gründen, die in seiner Person liegen, fehlt. Solche Gründe sind Krankheit, Unfall, die Erfüllung gesetzlicher Pflichten, die Ausübung eines öffentlichen Amtes und Schwangerschaft. Ein Verschulden wird von den Gerichten nur mit Zurückhaltung angenommen. In der Regel wird ein schweres Verschulden bzw. ein grobfahrlässiges Verhalten vorausgesetzt. Die Krankheit eines Kindes bildet einen Spezialfall der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht. Der Elternteil, der gesetzlich verpflichtet ist, sein krankes Kind zu pflegen, kann Anspruch auf Lohnfortzahlung erheben. Diesen Anspruch besitzt er aber nicht für eine unbeschränkte Zeit. Die Lohnfortzahlung dauert nämlich nur solange, wie der Arbeitnehmer für die Suche einer Ersatzlösung benötigt. In der Regel sollte die Organisation einer anderweitigen Pflege innert 3 Tagen möglich sein. In Ihrem Fall ist diese Frist nicht überschritten, weshalb Ihr Chef keinen Lohnabzug machen darf. Objektive Gründe für eine Arbeitsverhinderung berechtigen im Übrigen nicht zu einer Lohnfortzahlung. Hierunter versteht man zum Beispiel Verkehrszusammenbrüche, Sperrungen von Strassen, Defekt des eigenen Autos oder Eisregen. In all diesen Fällen hat der Arbeitnehmer die Folgen seines verspäteten Erscheinens am Arbeitsplatz selber zu tragen.