Frage: Ich war bei einer Freundin zum gemeinsamen Abendessen eingeladen. Während des Essens setzte ich meine Brille kurz ab. Meine Freundin bemerkte die Brille nicht und stellte die Suppenschüssel darauf ab. Die Brille hielt dem Gewicht nicht stand und ging zu Bruch. Meine Freundin war der Meinung, das sei kein Problem, ihre Privathaftpflichtversicherung werde den Schaden übernehmen und meine neue Brille bezahlen. Die Versicherung bezahlte jedoch bloss einen Teil der Kosten der neuen Brille. Meine Freundin will mir nun den Rest nicht bezahlen. Gemäss Auskunft der Versicherung sei dies meine Sache. Stimmt das?
Antwort: Ja. Nach Gesetz ist derjenige schadenersatzpflichtig, welcher einem anderen widerrechtlich Schaden zufügt. Sie können zwar von Ihrer Freundin Schadenersatz für die zerbrochene Brille verlangen, jedoch muss sie Ihnen bloss den sogenannten Zeitwert ersetzen. Grund dafür ist, dass Ihre Freundin nur für den tatsächlichen Schaden haftbar ist, den sie verursacht hat. Bei reinen Sachschäden bemisst sich dieser nach dem aktuellen Wert der Sache im Zeitpunkt des Schadeneintritts. Gemeint ist damit der Wert, den die Sache unter Berücksichtigung ihres Alters, ihres Gebrauchs und der Abnutzung zum Zeitpunkt des Schadens hat. Da es sich bei Ihrer Brille um ein älteres Model handelt, reicht der ausbezahlte Schadenersatz zwar nicht, um die neue Brille vollständig zu bezahlen. Wäre Ihre Freundin jedoch verpflichtet, Ihnen eine neue Brille zu bezahlen, wären Sie dadurch bereichert. Die neue Brille wäre mehr wert als der Schaden, der Ihnen entstanden ist. Da Ihnen die Haftpflichtversicherung den Zeitwert der Brille ersetzt hat, ist die Angelegenheit für Ihre Freundin erledigt. Sofern sie nicht — vielleicht anstandshalber — die Differenz zu Ihrer neuen Brille bezahlt, müssen Sie die Kosten selber tragen.